Predigttext: Lukas 9,57-62
Sich ganz auf Jesus einlassen
57 Unterwegs sagte jemand zu Jesus: »Ich will dir folgen, wohin du auch gehst!« 58 Jesus antwortete: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihr Nest. Aber der Menschensohn hat keinen Ort, an dem er sich ausruhen kann.«
57 Unterwegs sagte jemand zu Jesus: »Ich will dir folgen, wohin du auch gehst!« 58 Jesus antwortete: »Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel ihr Nest. Aber der Menschensohn hat keinen Ort, an dem er sich ausruhen kann.«
59 Einen anderen forderte Jesus auf: »Folge mir!« Aber der sagte: »Herr, erlaube mir, zuerst noch einmal nach Hause zu gehen und meinen Vater zu begraben.« 60 Aber Jesus antwortete: »Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes!«
61 Wieder ein anderer sagte zu Jesus: »Ich will dir folgen, Herr! Doch erlaube mir, zuerst von meiner Familie Abschied zu nehmen.« 62 Aber Jesus antwortete: »Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, der eignet sich nicht für das Reich Gottes.«
Liebe Gemeinde,
stellen Sie sich vor, sie kommen nach Hause und Ihr Partner / Ihre Partnerin ist weg. Einfach verschwunden. Ohne einen Hinweis, ohne einen Brief. Ein Albtraum!
Sie forschen nach, fragen die Nachbarn, rufen Freunde an. Alles, was Sie herausbekommen, ist: Wir wissen nicht, wo er oder sie ist. Aber heute Mittag ist ein auffälliger Mann durch die Straßen gezogen, das haben wir gesehen, sagte eine Nachbarin. Mit ihm waren etliche Frauen und Männer unterwegs. Er sah ein wenig wild aus, ungepflegt, so als wäre er schon eine ganze Strecke gewandert.
Solche oder ähnliche Szenen müssen sich damals abgespielt haben. Wir haben in der Bibel Berichte darüber. Zum Beispiel den: Jesus geht am See Gennesaret entlang, sieht zwei Fischer, die gerade ihre Netzen auswerfen. „Jesus sagte zu ihnen: »Kommt, folgt mir! Ich mache euch zu Menschenfischern!« Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.“
Sozialverträglich ist so etwas nicht. Vielleicht hatten die Männer ja noch Frau und Kind daheim und Geschwister und Vater und Mutter.
Wer sich damals Jesus angeschlossen hat, musste mit seinem alten Leben brechen. Noch einmal nach Hause gehen und den Vater begraben? Zuerst einmal von der Familie Abschied nehmen? Nein. Das neue Leben beginnt sofort. Du stehst auf dem Feld, musst die Erde pflügen, damit du säen kannst und es gibt nur eines: den Blick nach vorne, sonst kannst du mit dem Pflug keine gerade Linie ziehen.
Wenn Sie bisher dachten, dass Jesus ein ganz lieber und sanfter und überaus freundlicher Mann war, dann lernen Sie hier eine andere Seite von ihm kennen: die radikale Seite. Denn das ist radikal, andere Menschen aus ihrem Leben herauszureißen. Allerdings sagt der erste in unserem Text ja ganz freiwillig „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst“. Deshalb warnt ihn Jesus und sagt, der Menschensohn, damit meinte er sich selbst, hat keinen Ort, an dem er sich ausruhen kann. Mit anderen Worten: Überleg dir gut, auf was du dich da einlässt!
Solche Gruppen wie Jesus und seine Jünger nennt man „Wanderradikale“. Johannes der Täufer, der in die Wüste gezogen war und sich von Heuschrecken und wildem Honig ernährte, zog ebenfalls junge Leute an und war auch so ein Wanderradikaler.
Aber auch Wanderradikale konnten nicht alleine und nur für sich leben. Zu ihnen gehören in der Regel auch sesshafte Sympathisantengruppen. So war es auch bei Jesus. Es gibt bei Lukas einen Bericht darüber, dass ihn einige wohlhabende Frauen, denen er geholfen hatte, unterstützt haben. Sie konnten kein Leben als Wanderradikale führen, aber Jesus war ihnen trotzdem wichtig. So halfen sie mit Geld, Nahrung, Unterkunft usw. Man muss also nicht so radikal sein wie Jesus und die 12 Jünger, um seine Mission zu unterstützen.
In der Zeit nach Ostern bildeten sich dann christliche Gemeinden. Im Übergang aus der Zeit vor Ostern in die Zeit nach Ostern spielte der Apostel Paulus eine große Rolle. Er ist zwar Jesus nicht von Angesicht zu Angesicht begegnet, aber er wurde ziemlich heftig bekehrt und folgte dann Jesus nach wie kein anderer. Allerdings war er nicht mehr so radikal. Er war zwar selbst ständig unterwegs, forderte die Anhängerinnen und Anhänger von Jesus aber nicht zu einem radikalen Wanderleben auf. Er lehrte sie, wie sie in einer Stadtkultur und in einer Gemeinde christlich leben können. Er machte sich Gedanken zur Aufgabe der Obrigkeit und zum Gehorsam als Staatsbürger, er fragte nach dem richtigen Umgang miteinander in einer religiösen Gemeinschaft, organisiert Hilfszahlungen an Bedürftige und setzt sich dafür ein, soziale Spannungen auszugleichen. Kurz: Er überlegt, was die christliche Liebe im alltäglichen Leben bedeutet und wie sie in die Tat umgesetzt werden kann.
Liebe Gemeinde, ich komme noch mal zurück zu dem Wanderradikalen und seinem Ruf in die Nachfolge „Folge mir!“
»Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes!«
»Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, der eignet sich nicht für das Reich Gottes.«
»Überlass es den Toten, ihre Toten zu begraben. Du aber geh los und verkünde das Reich Gottes!«
»Wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, der eignet sich nicht für das Reich Gottes.«
Auch wenn das 2000 Jahre zurückliegt, geht doch immer noch eine Faszination von diesen Sätzen Jesu aus. Wir hören das „Folge mir!“ nicht nur, wir können es manchmal geradezu spüren.
Auch heute noch verändert das „Folge mir“ das Leben von Menschen. Entscheidend ist dabei aber, wer das sagt: der Sohn Gottes, der, der vom Tode auferstanden ist, der, der die Welt retten wird. Der lebendigt Gott ruft!
Zwei Beispiele stehen mir gerade vor Augen: Ein Ehepaar, Anfang/Mitte 50 Jahre alt, beide kündigen ihren Job als IT-Fachleute und gehen in den Sudan. Dort bauen Sie an einer christlichen Hochschule eine Internet-Infrastruktur auf.
Ein junger Arzt, eine junge Ärztin gehen nach Kamerun und versorgen dort eine Zeit lang kranke Menschen.
Ein Lehrer geht nach Paraguay und gibt jungen Menschen Musikunterricht.
Ein junger Arzt, eine junge Ärztin gehen nach Kamerun und versorgen dort eine Zeit lang kranke Menschen.
Ein Lehrer geht nach Paraguay und gibt jungen Menschen Musikunterricht.
So etwas können wir nicht einfach nachmachen. Aber wie seinerzeit Sympathisanten die Wanderradikalen Jesus und seine Jünger unterstützt haben, so können wir solche Vorhaben wie im Sudan oder in Kamerun unterstützen.
Wir können uns innerlich mit auf den Weg machen zu denen, die Unterstützung brauchen, ob im Sudan oder in Ahlem. Wie es Jesus gemacht hat. Und dabei eben nicht zu fragen: was verliere ich dabei? Und was habe ich davon? Nicht zurückzuschauen, nicht im Alten hängen zu bleiben. Das brauchen wir gerade heute: dieses „Folge mir“ von Jesus! Es hilft uns, nach vorne zu schauen, in die Zukunft, in eine Zukunft mit Gott, in der alle Menschen in Frieden miteinander leben können, in der niemand vergessen wird und jede und jeder wichtig ist und mit Respekt und Barmherzigkeit behandelt wird.
Diese Zukunft beginnt mit unserer Bereitschaft, die Augen offen zu halten und Mitgefühl zuzulassen:
Was hat die Frau aus Afghanistan erlebt, die endlich mit ihren Kindern hier gelandet ist? Obwohl sie hier doch eigentlich gar nicht hätte landen dürfen, wenn es nach europäischem Recht ginge?
Was ist mit der Jugendlichen passiert, die im Religionsunterricht an der Berufsschule mal eben sagt, das interessiert mich nicht, ich hasse mich selbst?
Wie geht es eigentlich dem Nachbarn, den ich schon so lange nicht gesehen habe?
Was hat die Frau aus Afghanistan erlebt, die endlich mit ihren Kindern hier gelandet ist? Obwohl sie hier doch eigentlich gar nicht hätte landen dürfen, wenn es nach europäischem Recht ginge?
Was ist mit der Jugendlichen passiert, die im Religionsunterricht an der Berufsschule mal eben sagt, das interessiert mich nicht, ich hasse mich selbst?
Wie geht es eigentlich dem Nachbarn, den ich schon so lange nicht gesehen habe?
„Folge mir“ – das bringt uns in Bewegung, ohne dass wir Wanderradikale werden müssten wie die ersten Jünger. Es bringt uns in die „Jesus Bewegung“ - im doppelten Sinn, wir werden bewegt und sind in einer großen Bewegung drin - denn wir sind mit diesem offenen Blick und mit der Suche nach Möglichkeiten, Barmherzigkeit zu leben, nicht allein.
Wir singen nun:
„Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.“
„Hilf Herr meines Lebens, dass ich nicht vergebens hier auf Erden bin.“
Amen.
Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 23.3.2025 in Ahlem
Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 23.3.2025 in Ahlem