Predigt aus dem Gottesdienst am 6. November 2022 in Ahlem

Mon, 07 Nov 2022 13:20:36 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Vom Kommen des Gottesreiches, Lk 17,20-24

20 Die Pharisäer fragten Jesus:  »Wann kommt das Reich Gottes?«  Jesus antwortete: »Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann. 21 Man wird auch nicht sagen: ›Schau her, hier ist es!‹, oder: ›Dort ist es!‹ Nein, das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.« 
22 Dann sagte Jesus zu den Jüngern: »Die Zeit wird kommen, in der ihr euch danach sehnt, unter der Herrschaft des Menschensohns zu leben – nur einen einzigen Tag lang, aber ihr werdet ihn nicht erleben. 23 Die Leute werden zu euch sagen:  ›Seht doch, dort!‹, oder: ›Seht doch, hier!‹  Dann geht nicht hin, lauft ihnen nicht nach. 24 Denn wenn der Menschensohn an seinem Tag kommt, wird es sein wie bei einem Blitz:  Unübersehbar leuchtet er auf, von einem Ende des Himmels bis zum anderen. 

Liebe Gemeinde,

irgendwann wird der große Knall kommen, der jüngste Tag, das Ende der Welt. Dann wird Gott selbst die Herrschaft über alles übernehmen, es wird eine neue Welt sein. In den Worten unseres Textes: Denn wenn der Menschensohn – das ist ein Titel für Jesus Christus - an seinem Tag kommt – das meint diesen jüngsten Tag, das Ende, wird es sein wie bei einem Blitz:  Unübersehbar leuchtet er auf, von einem Ende des Himmels bis zum anderen.

Schön, aber hilft uns das hier und heute irgendwie weiter? Es hilft zum Beispiel gegen Weltuntergangspropheten, die behaupten, dass der Tag X am soundsovielten sei. Der amerikanische Evangelist Billy Graham zum Beispiel hat mal gesagt, dass wir nun in der Endzeit leben würden. Immerhin gibt er aber zu, dass es in der Bibel keine Angabe gibt, wann es denn ganz genau so weit ist und der letzte Tag kommt und Gott seine Königsherrschaft beginnt. 

„Königsherrschaft Gottes“ - das ist die wörtliche Übersetzung für „Reich Gottes“. Wenn die voll und ganz da ist, dann haben sich Gottes Wille und seine Wirklichkeit voll und ganz durchgesetzt. Wann wird das endgültig sein, wann wird es mit den Kriegen, mit Hass und Gewalt und Hunger vorbei sein? Wann gibt es eine neue Welt? Wir wissen es nicht. 

Viel viel wichtiger ist die Ankündigung, dass Gott bald voll und ganz herrschen wird. Sie spielt in den Evangelien eine große Rolle. Genau so eine große Rolle spielt, dass Jesus sichtbar werden ließ, was Gottes Wirklichkeit bedeutet. Bei Lukas steht der schöne Satz: „Er erzählte ihnen vom Reich Gottes und machte alle gesund, die Heilung brauchten.“ Den Satz muss man eigentlich ein wenig ausschmücken: Er erzählte ihnen vom Reich Gottes, aber nicht nur das, er hat es auch in die Tat umgesetzt, indem er Menschen heilte.

Und Sie kennen sicherlich Verse wie „»Lasst doch die Kinder zu mir kommen, hindert sie nicht daran! Denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes da“ oder „»Glückselig seid ihr, die ihr arm seid. Denn euch gehört das Reich Gottes.“ 

In den Evangelien ist klar: Wo Jesus spricht und handelt, ist das Reich Gottes präsent, da ist Gott voll und ganz bei den Menschen. Da ist eine neue Welt. Schon jetzt. 

Aber wie geht es denn weiter mit dem Reich Gottes, wann haben wir es komplett? Die Frage, WANN das Reich Gottes endgültig kommt, so Jesus, führt uns nicht weiter. Wir sollen schauen, WO es ist! Und er sagt: „das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch“. 

Damit spielt er den Ball zurück. Alle Spekulationen über das Ende aller Zeiten sind unsinnig. Alle Hoffnungen, dass Gott mit seinem großen himmlischen Heer in unsere Welt eingreift und die Macht ergreift, müssen zurückgestellt werden. Das Reich Gottes, die Herrschaft des himmlischen Königs, geht ganz anders:

»Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es an äußeren Anzeichen erkennen kann.“ heißt es bei Lukas „Man wird auch nicht sagen: ›Schau her, hier ist es!‹, oder: ›Dort ist es!‹ Nein, das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch.« 

Also Raus aus der Zuschauerrolle! Wir können uns nicht außerhalb des Reiches Gottes stellen und beobachten, ob, wann, wie und wie stark es kommt. Wir können auch keine bewertende Rolle einnehmen. Wenn es gut ist, machen wir mit, wenn nicht, bleiben wir außen vor.

Und: Niemand hat das Reich Gottes für sich gepachtet! Auch keine Kirche und keine Institution. Das haben wir in der Reformation gelernt.

Nein, das Reich Gottes, die Wirklichkeit Gottes, sie zeigt sich, sie geschieht mitten unter uns, wenn ...

tja, wenn was? Darauf gibt es viele Antworten, wenn Sie mal in der Bibel nachsehen, wie Jesus über das Reich Gottes spricht. 

Ich denke, ein roter Faden kann sein: Wenn wir spüren, dass Heilung geschieht. Da gibt es Vieles, was heil werden muss. Wenn zerstrittene Menschen wieder zusammenfinden; wenn Wunden versorgt werden, körperliche und seelische; wenn Menschen von ihrer Habe etwas abgeben und Armut heilen; wenn die Natur sich erholen kann.

Oder Sie studieren unsere Keramik mit den Werken der Barmherzigkeit. Die schlagen eine Brücke zwischen dem Weltgericht und dem Geschehen des Reiches Gottes mitten unter uns. Diejenigen, die gerettet werden, wissen gar nicht, warum. Und  dann heißt es: „Der König wird ihnen antworten: ›Amen, das sage ich euch: Was ihr für einen meiner Brüder oder eine meiner Schwestern getan habt – und wenn sie noch so unbedeutend sind –, das habt ihr für mich getan.‹“

„ ... das Reich Gottes ist schon da – mitten unter euch“ – in euren Herzen und in den daraus fließenden Taten der Liebe. 
Amen


 Dr. Johannes Neukirch, Predigt im Gottesdienst in Ahlem am 6. November 2022
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