Predigt am 14. Sonntag nach Trinitatis, 1.9.2024, Gottesdienst mit Jubelkonfirmation

Sun, 01 Sep 2024 16:26:33 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Römer 8,14-17

14 Alle, die sich vom Geist Gottes führen lassen, sind Kinder Gottes.
15 Ihr habt ja nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht. Dann müsstet ihr doch wieder Angst haben. Ihr habt vielmehr einen Geist empfangen, der euch zu Kindern Gottes macht. Weil wir diesen Geist haben, können wir rufen: »Abba! Vater!« 
16 Und derselbe Geist bestätigt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. 
17 Wenn wir Kinder sind, dann sind wir aber auch Erben: Erben Gottes und Miterben von Christus. Voraussetzung ist, dass wir sein Leiden teilen. Denn dadurch bekommen wir auch Anteil an seiner Herrlichkeit.

Liebe Jubelkonfirmandinnen und Jubelkonfirmanden, liebe Gemeinde,

das ist schon eine besondere Situation. Ich stehe hier und heute vor einem sehr großen Schatz an Glaubens- und Lebenserfahrung! Ja, in anderen Gottesdiensten sitzt die hier zwar auch. Aber heute in besonders großer Zahl - 40 Menschen, deren Konfirmation mindestens 50 Jahre her ist, bei einigen über 70 Jahre. Dazu die anderen, die heute kein Jubiläum feiern, aber trotzdem reich an Glaubens- und Lebenserfahrung sind. Sie haben viel erlebt. Höhen und Tiefen. Ganz verschiedene Lebensläufe kommen hier zusammen. Und ich freue mich sehr, dass Sie Ihrem Glauben treu geblieben sind. Ja, es mag Zweifel gegeben haben oder geben, aber der Zweifel gehört zum Glauben und zur Lebenserfahrung dazu.

Bei aller Verschiedenheit unserer heutigen Gemeinde - wir sind mindestens durch einen zentralen Gedanken miteinander verbunden, ob alt oder jung. Wir brauchen in unserem Leben etwas, woran wir uns festhalten können, einen festen Grund, der unser Leben trägt. Und dieser Halt und Grund ist unser christlicher Glaube. Ich denke, so weit sind wir uns einig, das verbindet uns. 

Wir haben eben bei der Lesung des Predigttextes gehört, wie Paulus das in seinem Brief an die Gemeinde in Rom ausdrückt. „Alle, die sich vom Geist Gottes führen lassen, sind Kinder Gottes.“ Vielleicht haben Sie bei dieser Formulierung und bei der Rede von den „Kindern Gottes“ etwas Widerstand gespürt. So in dem Sinne: Ich bin jetzt alt genug, ich weiß, wo es langgeht, ich will nicht geführt werden und bin kein Kind mehr.

Richtig, so denke ich auch. Aber Paulus sagt ja gleich im nächsten Satz: „Ihr habt ja nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht. Dann müsstet ihr doch wieder Angst haben.“ Es geht um Freiheit! Um Freiheit von Sünde und Schuld, um Befreiung von der Macht des Todes. Es geht um ein Leben im Geist Gottes, der uns die Freiheit gibt, in Liebe zu handeln. 

Die Rede, dass wir Kinder Gottes sind, sagt gerade nicht, dass wir uns wie Kinder aufführen sollen, sondern dass wir durch unseren Glauben an Jesus Christus ein besonderes Verhältnis zu Gott, dem Schöpfer und Herrn der Welt haben. Wir dürfen zu ihm „Abba“, sagen, das heißt „Vater“. 

Väter und Mütter lieben - wenn alles gut geht - ihre Kinder unbedingt - also ohne Voraussetzung, nur weil sie da sind und ihre Kinder sind. Kinder wiederum spüren das und entwickeln schon im ersten Lebensjahr das so genannte Urvertrauen. Es ist die Grundlage dafür, auf sich selbst zu vertrauen, Liebe überhaupt zuzulassen, sich geborgen zu fühlen. Und genau so ist es die Grundlage dafür, Vertrauen in andere Menschen zu haben, Vertrauen in eine Partnerschaft und in eine Gemeinschaft.

Wir brauchen in unserem Leben etwas, woran wir uns festhalten können, einen festen Grund, der unser Leben trägt. Paulus sagt, dass wir diesen Halt geschenkt bekommen. „Ihr habt einen Geist empfangen, der euch zu Kindern Gottes macht.“ schreibt er, „Weil wir diesen Geist haben, können wir rufen: »Abba! Vater!«“

So gesehen ist es doch schön, Kind zu sein. Geborgen zu sein, Liebe zu bekommen, Vertrauen zu haben. Dazu kommt, wie Paulus schreibt: „Wenn wir Kinder sind, dann sind wir aber auch Erben: Erben Gottes und Miterben von Christus. Voraussetzung ist, dass wir sein Leiden teilen. Denn dadurch bekommen wir auch Anteil an seiner Herrlichkeit.“  - Voraussetzung ist, dass wir sein Leiden teilen. Paulus klammert das Leid nicht aus. Wie könnte er auch, denn Jesus hat selbst am Kreuz gelitten - so sehr, dass sogar er an Gott gezweifelt hat. Gerade im Leid können wir erfahren, dass uns Gott in seiner Hand hält.

Wir sind Kinder Gottes und gleichzeitig erwachsen und selbständig. Das ist kein Widerspruch. Es bedeutet, dass wir unser Leben aus dem Vertrauen auf Gott heraus führen können. Vertrauen, dass es Gott gut mit uns machen wird.  Denn wenn wir wissen, zu wem wir gehören, wenn wir wissen, wem wir bedingungslos vertrauen können, wenn wir wissen, dass wir die Herrlichkeit Christi sehen werden, dann hat das Auswirkungen auf unser Leben. Wir leben in der Hoffnung darauf, dass Jesus Christus der Retter und Erlöser der Welt ist. Wir können die Liebe, die wir erfahren, weitergeben an andere Menschen, wir glauben, dass unser Leben einen Sinn hat.

Lothar Zenetti hat das einmal so gesagt:
Menschen
die aus der Hoffnung leben
sehen weiter

Menschen
die aus der Liebe leben
sehen tiefer

Menschen
die aus dem Glauben leben
sehen alles
in einem anderen Licht.

Dr. Johannes Neukirch, Predigt im Gottesdienst am 1.9.2024 in Ahlem
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