Predigt aus dem Gottesdienst am 20. Februar 2022

Sun, 20 Feb 2022 15:30:34 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Dr. Johannes Neukirch, Gottesdienst am 20.2.2022 in Ahlem
Predigttext: Hebräer 4,12-13

Liebe Gemeinde,

Worte wirken. Ich denke an die Erfahrungen, die jede und jeder von uns in seinem persönlichen Umfeld macht. Worte können das Leben verändern, Türen öffnen zu neuen Möglichkeiten, aber auch Türen verschließen.

Ich denke an schlichte Worte wie: „Bitte“ und „danke‘“. Ich denke an „es tut mir Leid“, „ich komme gleich bei dir vorbei“, „ich freue mich auf dich“,  „ich helfe dir“, „ich liebe dich“. Respekt und Ehrlichkeit, Vertrauen und Offenheit liegen darin. Beziehungen können wachsen, wo solche Worte ausgesprochen werden.

Worte können aber auch durch und durch dringen, durch Seele und Geist, durch Mark und Bein und jemanden mitten ins Herz treffen: „Leider müssen wir Ihnen zum nächsten Ersten aus betrieblichen Gründen kündigen“. „Du Opfer“, „Ich verlasse dich“. Eine Welt zerbricht, ein Mensch steht plötzlich vor einem Scherbenhaufen. 

Und es gibt so viele Worte, die urteilen: „Ich finde richtig, was du sagst“, „Hast du das immer noch nicht verstanden?“, „Das kannst du nicht.“ Wie tief graben sich solche Worte in die Seele hinein! Wie groß ist die Angst, schlecht beurteilt zu werden? Nicht zu bestehen in den Augen der anderen, nicht ernst genommen und respektiert zu werden! 

Die Macht der Worte ist immens. Wenn nun schon unser ganz normales, menschliches Reden so viel Gutes und Böses, Tröstendes und Beängstigendes bewirken kann, wie ist es dann erst, wenn Gott mit uns redet? Wenn wir es mit Gottes Wort zu tun bekommen? Zwei Verse aus dem vierten Kapitel des Hebräerbriefs dazu. Das ist auch unser heutiger Predigttext. 

„12 Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam.
 Es ist schärfer als jedes zweischneidige Schwert
 und dringt durch und durch.
 Es durchdringt Seele und Geist,
 Mark und Bein.
 Es urteilt über die Gedanken
 und die Einstellung des Herzens.
 13 Kein Geschöpf bleibt vor Gott verborgen.
 Nackt und bloß liegt alles offen vor den Augen dessen,
 dem wir Rechenschaft schuldig sind.“

Ich weiß nicht, wie es Ihnen damit geht. Für mich klingt das, was der Hebräerbrief da sagt, erschreckend. Das zweischneidige Schwert, das durch Mark und Bein dringt. Auch dass das Wort Gottes über die Gedanken und die Einstellung des Herzens urteilt, ist eher beängstigend als mutmachend. Denn wer von uns hat schon seine Gedanken und die noch viel tiefer darunter liegenden Einstellungen seines Herzens wirklich im Griff? Gedanken sind plötzlich im Kopf, sie galoppieren davon, sie beeinflussen unser Verhalten, unser ganzes Leben. Es ist schwer genug, sie immer wieder einzufangen. Versuchen Sie mal, bewusst nichts zu denken und vor allen Dingen, sich nicht über den zu ärgern, über den Sie sich seit Wochen ärgern. ....

Das Wort Gottes wird über unsere Gedanken und Einstellungen des Herzens richten, sagt der Hebräerbrief. 

Da hilft es nichts, sich zu verstecken. Aber wie können wir angesichts des Ernstes und der Wucht dieser Gerichtsansage fröhlich bleiben und mit Gottvertrauen nach vorne denken und leben? 

Ich denke an Martin Luther. Der konnte es lange nicht – fröhlich und mit Gottvertrauen nach vorne denken und leben. Er hatte das Gericht Gottes immer vor Augen und kämpfte darum, dass Gott ihn annehmen könnte, dass er vor Gott bestehen könnte. Das hat Luther dazu gebracht, als junger Mönch im Augustinerkloster in Wittenberg große Entbehrungen zu ertragen. Die Mönche lebten arm, in kleinen Zellen, sie gingen betteln, sie aßen nicht genug, sie schliefen wenig – und das alles, um Gott zu zeigen, dass sie ihm gefallen wollten, um Gottes Liebe zu bekommen. Aber nie war es genug. Nie konnte Luther sicher sein: jetzt hab ich genug geleistet, um im Gericht Gottes zu bestehen. Immer blieb die Angst vor Gottes Strafen.

Bis er in der Bibel seine Entdeckung machte. Er arbeitete an einer Erklärung des Römerbriefes. Da las er: „Gott ist gerecht. Wer darauf vertraut, der wird leben!“ In etwas anderen Worten steht das im Römerbrief, Kapitel 1,16.17. Da schreibt der Apostel Paulus: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt – der Gerechte wird aus Glauben leben!“ 

Luther entdeckte in dieser Bibelstelle den gnädigen Gott. Ihm wurde klar: Vom Vertrauen auf das Evangelium von Jesus Christus spricht Paulus! Vom Vertrauen auf Jesus Christus. Jesus Christus ist ja der Richter. Der, der selber das lebendige, wirksame Wort Gottes in Person ist! Ihm vertrauen, an seinem Kreuz zu sehen, dass alle Strafe schon verbüßt ist, das befreit Luther von seiner Angst vor dem Gericht Gottes und von seinen Zweifeln, ob Gott ihn denn lieben könne.        

Und deshalb, liebe Gemeinde, müssen wir uns vor den erschreckenden Gerichtsworten des Hebräerbriefs nicht fürchten. Im Gegenteil: wer dem Richter Jesus Christus begegnet, der wird heil! Denn Jesus dringt mit seinen Worten und seinem Blick durch Seele und Geist, er sieht die Einstellung des Herzens und kennt die tiefsten Gedanken. Er wendet sich Menschen zu und holt sie heraus aus ihren Kreisläufen, aus Verhaltensmustern, die schädlich sind und Leid verursachen. Denken sie nur an Zachäus, den Zöllner oder an die Begegnung mit der Frau am Brunnen.

Er, Jesus Christus, ist Richter und Retter in einer Person. Er ist das lebendige, wirksame Wort, das aus den Wörtern der Bibel zu uns spricht.  

Martin Luther hat einmal gesagt: 

„Ich habe nun etliche Jahre lang, alle Jahre zweimal die Bibel ausgelesen und wenn die Bibel ein großer mächtiger Baum wäre und alle Worte Ästlein, so habe ich an alle Ästlein angeklopft und gerne wissen wollen, was es wäre und vermöchte. Und allezeit habe ich noch ein paar Äpfel oder Birnen heruntergeklopft...“

So wünsche ich uns, dass wir gute Erfahrungen mit dem Wort Gottes machen. Es ist lebendig und wirksam. Amen. 
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