Predigt am 9. Sonntag nach Trinitatis, 28. Juli 2024

Sat, 10 Aug 2024 11:39:34 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Die Gleichnisse vom versteckten Schatz und von der Perle, Matthäus 13,44-46
44 »Das Himmelreich gleicht einem Schatz,
der im Acker vergraben ist:
Ein Mann entdeckte ihn und vergrub ihn wieder.
Voller Freude ging er los und verkaufte alles,
was er hatte. Dann kaufte er diesen Acker.
45 Ebenso gleicht das Himmelreich einem Kaufmann:
Der war auf der Suche nach schönen Perlen.
46 Er entdeckte eine besonders wertvolle Perle.
Da ging er los und verkaufte alles, was er hatte.
Dann kaufte er diese Perle.«
 
Liebe Gemeinde,
„das kann ich mir nicht leisten“ oder „das können wir, die Familie, uns nicht leisten“. Ich bin sicher, diesen Spruch kennen Sie, weil hier wahrscheinlich niemand sitzt, für den Geld überhaupt keine Rolle spielt. Glücklich können sich alle schätzen, bei denen dieser Spruch wenigstens beim Wocheneinkauf nicht zu hören ist. Viele müssen sich überlegen, wo sie sparen können, um mit dem Nötigsten über die Runden zu kommen. Bei anderen taucht die Frage, ob sie sich einen Kauf leisten können, nur bei größeren Anschaffungen auf. Wenn es um einen neuen Fernseher geht, damit man die EM oder Olympia besser sehen kann. Oder um ein neues Auto, oder vielleicht um die ganz großen Dinge wie ein eigenes Haus. Besonders schwierig ist die Frage, wenn eine Familie fragen muss: Können wir uns noch ein Kind leisten?
 
In den beiden Gleichnissen vom versteckten Schatz und von der Perle heißt es, dass beide alles verkauft haben, was sie hatten. Der erste kauft den Acker, in dem er den vergrabenen Schatz gefunden hat, der andere kauft die besonders wertvolle Perle. Beide müssen sich ja auch wenigstens mal kurz die Frage gestellt haben: Können wir uns das leisten? Denn der Acker und die besondere Perle hatten ja ihren Preis! Und wir können ja einfach mal die Frage stellen: Was wäre gewesen, wenn sie das Geld nicht zusammenbekommen hätten - wenn es einfach nicht gereicht hätte?
 
Und sie gehen beide ein hohes Risiko ein. Von wegen: Bei so einer Investition erst mal eine Nacht darüber schlafen, so wie wir das hoffentlich alle gelernt haben. Nein, die beiden handeln sofort. „Voller Freude ging er los“, „da ging er los“. heißt es. War das nicht unvernünftig? Was ist, wenn sich herausstellt, dass der Schatz in Wirklichkeit gar nicht so wertvoll ist, wie er auf den ersten Blick schien und dass die Perle doch nicht so makellos und groß? Wäre es vielleicht doch besser gewesen, sie hätten sich das noch mal in Ruhe überlegt und die Familie gefragt - vielleicht geht ja morgen die Waschmaschine kaputt und dann gibt es keine Reserven mehr, um eine neue zu kaufen. Sie verkauften ALLES! Volles Risiko!
 
Das Himmelreich gleicht einem Schatz, ebenso gleicht das Himmelreich einem Kaufmann - so beginnen unsere Gleichnisse. Was hat es mit dem Himmelreich auf sich?
 
Das Himmelreich oder Reich Gottes heißt bei Matthäus wörtlich: »Königsherrschaft der Himmel«. Es meint einen Bereich, in dem sich Gottes Wille vollständig durchsetzt, in dem es also nur noch Liebe und Gerechtigkeit und Barmherzigkeit gibt und alle Menschen den Willen Gottes tun. Im Himmelreich ist alles gut, und die Menschen leben ewig. Und da merken wir schon das größte Problem dieses Himmelreiches: Es ist noch nicht da. Gleichzeitig heißt es, dass es mit Jesus angefangen hat. Es ist also da und noch nicht da. Deshalb hören wir in den Evangelien Gleichnisse vom Himmelreich - das Himmelreich ist vergleichbar mit ..... Es ist schon gegenwärtig erfahrbar, steht aber auch noch aus. Es ist einerseits vollkommenes Geschenk Gottes, Gabe, „gratis“. Andererseits fordert es die Umkehr des Menschen, seine Bereitschaft, etwas aufzugeben.
 
Denken wir an die Segnung der Kinder, bei der Jesus sagt: „Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ Wie empfängt ein Kind das Reich Gottes? Es lässt sich voller Vertrauen darauf ein und vor allen Dingen: Es lässt sich das Himmelreich schenken! An anderer Stelle heißt es: „Ändert euer Leben! Denn das Himmelreich kommt jetzt den Menschen nahe!“ Oder: »Nicht jeder, der zu mir sagt: ›Herr, Herr!‹, wird in das Himmelreich kommen. Sondern das gilt für diejenigen, die den Willen meines Vaters im Himmel tun.“ Diese Geschichte mit dem Himmelreich ist also voller Spannungen.
 
Unsere beiden Gleichnisse können diese Spannungen nicht einfach auflösen. Weil Gleichnisse eben keine Definitionen sind. Sie geben aber eine Richtung an, sie regen uns an, unsere Lebenseinstellungen zu überprüfen.
 
In beiden Fällen, beim Schatz im Acker und bei der besonders wertvollen Perle, geht es um eine große Chance, wir können sogar sagen, um die Chance ihres Lebens. In beiden Fällen, geht es darum, den Schatz zu besitzen, also das Himmelreich sicher zu haben. Es geht nicht um ein Schnuppern, um ein Ausprobieren, um das Recht der Rückgabe oder um Leasing. Nein, sie wollen es besitzen. Ganz oder gar nicht. Und ohne zu zögern und unter Einsatz aller ihrer Mittel ergreifen sie diese Chance.
 
Sie greifen nach ihrem Lebensfund. Und unser Gleichnis sagt: Es geht nicht darum, dass wir eine bestimmte Summe zahlen müssen, um den Acker oder die Perle zu kaufen. Wir können uns das Himmelreich auf jeden Fall leisten! Denn es geht darum, dass wir es unbedingt haben wollen und alles dafür einsetzen. So wie wir das bei einer großen Liebe machen würden, oder bei einer Entscheidung für ein Kind, oder bei Entscheidungen, die unser Leben beruflich oder privat verändern. Unser Einsatz ist entscheidend! Ergreife diese einmalige Gelegenheit mit ganzem Herzen , sagen unsere Gleichnisse.
 
„Das kann ich mir nicht leisten“ - doch, können wir. Wir können uns Liebe, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit, Güte leisten, ganz schlicht im Alltag, im „Herumackern auf dem Lebensfeld“ wie eine Kollegin formulierte, im täglichen Handeln.
Amen.
  
 
Dr. Johannes Neukirch,  Reg. Gottesdienste in Velber und Davenstedt, 28.7.2024
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