Predigt am 7. Sonntag nach Trinitatis, 14. Juli 2024

Mon, 15 Jul 2024 17:38:22 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

2. Mose 16,1–3.11–18
Speisung mit Wachteln und Manna

16 1 Von Elim brachen sie auf, und die ganze Gemeinde der Israeliten kam in die Wüste Sin, die zwischen Elim und Sinai liegt, am fünfzehnten Tage des zweiten Monats, nachdem sie von Ägypten ausgezogen waren.
2 Und es murrte die ganze Gemeinde der Israeliten wider Mose und Aaron in der Wüste.
3 Und die Israeliten sprachen: Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst.
11 Und der HERR sprach zu Mose:
12 Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sage ihnen: Gegen Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden und sollt innewerden, dass ich, der HERR, euer Gott bin.
13 Und am Abend kamen Wachteln herauf und bedeckten das Lager. Und am Morgen lag Tau rings um das Lager.
14 Und als der Tau weg war, siehe, da lag's in der Wüste rund und klein wie Reif auf der Erde.
15 Und als es die Israeliten sahen, sprachen sie untereinander: Man hu? (Was ist das?) Denn sie wussten nicht, was es war. Mose aber sprach zu ihnen: Es ist das Brot, das euch der HERR zu essen gegeben hat.
16 Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte.
17 Und die Israeliten taten's und sammelten, einer viel, der andere wenig.
18 Aber als man's nachmaß, hatte der nicht darüber, der viel gesammelt hatte, und der nicht darunter, der wenig gesammelt hatte. Jeder hatte gesammelt, soviel er zum Essen brauchte.

Liebe Gemeinde,
ja, mit dem Vertrauen ist das so eine Sache. Ich denke manchmal: in deinen Predigten sprichst du so oft davon, dass wir Gott vertrauen sollen, vertrauen können, vertrauen dürfen. Aber wie weit geht das Vertrauen dann wirklich? Wie viel wage ich? Wie viel wagen meine Zuhörerinnen und Zuhörer? 

Mose und sein Bruder Aaron können ein Lied davon singen, was Vertrauen sein kann oder auch nicht. Wahrscheinlich dachten sie: Meine Güte, was muss Gott noch alles tun, damit ihr ihm vertraut!?

Er hat sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten befreit. Das war schon schwierig genug, er musste zum Beispiel die zehn Plagen schicken, damit die Ägypter die Israeliten loslassen.

Dann hat er auf der Flucht geholfen. Er hat das Schilfmeer in zwei Hälften geteilt, so dass die Israeliten durchziehen konnten. Als die Ägypter folgten, brachen die zwei Hälften zusammen und sie ertranken.

Jetzt sind die Israeliten in der Wüste, das ist selbstverständlich eine harte Wanderung. Sie haben Hunger. Und da heißt es schön: Die ganze Gemeinde murrte. Sie werden rebellisch gegen Mose und Aaron, ihre Anführer, die ja nur im Auftrag Gottes handelten. Schon war alles vergessen, was früher war, die Sklaverei, die Unfreiheit. „Wollte Gott, wir wären in Ägypten gestorben durch des HERRN Hand, als wir bei den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, dass ihr diese ganze Gemeinde an Hunger sterben lasst.“ Vergessen war, was schon alles Wunderbares auf der Flucht passiert ist. 

Was machen Mose und Aaron? Sie könnten eine Predigt halten, in der sie das Volk ermahnen, dass sie auf Gott vertrauen sollen. „Wird schon werden, wir haben es schließlich auch bis hierher geschafft“. Aber das tun sie nicht. Und Gott? Gott schickt auch nicht einfach von einem Moment auf den anderen etwas zu essen.

Es läuft so: „Der Herr sprach zu Mose“. Gott nimmt Kontakt auf, er spricht zu Mose, denn am Anfang steht das Wort, steht eine Zusage Gottes, die Vertrauen schaffen soll und die das, was dann passiert einordnen und interpretieren soll!

Gott sprach zu Mose: „Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sage ihnen: Gegen Abend sollt ihr Fleisch zu essen haben und am Morgen von Brot satt werden und sollt innewerden, dass ich, der HERR, euer Gott bin.“

Es geht nicht einfach nur darum, dass sie etwas zu essen bekommen. Es geht darum, von wem sie alles bekommen, was sie zum Leben brauchen. Es geht darum, Gott zu vertrauen: Sie sollen innewerden, dass der Herr ihr Gott ist. Sie sollen der Zusage Gottes vertrauen. Gott schickt nicht nur einfach etwas zu essen, er spricht zu seinem Volk! Und er schenkt ihm die Erfahrung: Er hält, was er verspricht.

Dann kommen am Abend die Wachteln, vielleicht war es ein Schwarm, der erschöpft war und sich ausruhen musste. Am Morgen kam das Manna. Es gibt mehrere Vermutungen, was das gewesen sein konnte, vielleicht eine süße Absonderung von Schildläusen. Die Israeliten kannten das nicht und fragten Was ist das? Und Mose sagte nicht einfach: das könnt ihr essen, sondern: Das ist das Brot, das euch der Herr zu essen gegeben hat. Er ordnet ein, was da in der Wüste passiert ist.

Und er sagt dazu: „Das ist's aber, was der HERR geboten hat: Ein jeder sammle, soviel er zum Essen braucht, einen Krug voll für jeden nach der Zahl der Leute in seinem Zelte.“ Ein schönes Beispiel für ein Verhalten, das wir üben müssen: Es gibt ein Genug!

In Wirklichkeit sammelten die einen viel, die anderen wenig, aber zum Schluss hatte jeder so viel gesammelt, wie er zum Essen brauchte. Es gab keinen Überfluss, sie mussten jeden Morgen neu entdecken, was Gott ihnen beschert hat.

Liebe Gemeinde,

ich lese diese Geschichte so: Das Volk Israel wird nicht dafür bestraft, dass es murrt. Im Gegenteil: Das Murren war ja erfolgreich. Aber Gott schüttet das Volk auch nicht mit Essen zu. Er schafft keinen Ersatz für die Fleischtöpfe in Ägypten. Er hört das Murren, und er schickt zuerst sein Wort, wirbt also um Vertrauen. „und ihr sollt innewerden, dass ich der Herr, euer Gott bin.“ Dann gibt es ein bescheidenes Mahl, Wachteln und süße Kugeln, die auf der Erde lagen und die man nicht auf Vorrat sammeln konnte. 

Was machen wir, wenn wir in der Wüste sind?
Und das sind wir ja in mehrfacher Hinsicht. Wir sind in einer Wüste von Gewalt und männlichen Allmachtphantasien, in einer Wüste von Lügen und Manipulationen. Was ist wahr, was falsch, sind die Bilder, die wir sehen, echt? Wurden die Worte, die wir hören und lesen, so wirklich gesagt und sind sie so gemeint?

In der Evangeliumslesung sind wir wieder der Geschichte von der Speisung der 5000 begegnet. Im Anschluss daran bündelt Jesus das Wunder in einem Satz, er sagt: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

Seine Worte sind wahr, sie können uns Manna und Wachteln sein, uns stärken und trösten, ermahnen und durchleuchten, können uns in Frage stellen und aufbauen - jeden Tag neu, so wie wir es brauchen. 

Mit dem Vertrauen ist das so eine Sache..... Ich liebe ja das Lied, das wir gleich singen werden: „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“. Darin heißt es: „Bist du der Gott, der Zukunft mir verheißt? Ich möchte glauben, komm du mir entgegen“. Diese  Vertrauens-Bewegung - ich möchte glauben - komm du mir entgegen, üben wir wohl unser Leben lang. „“Sei du mein täglich Brot, so wahr du lebst. Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete.“

Amen.

Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 14.7.2024, Paul-Gerhardt-Kirche in Badenstedt
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