12. Februar 2023, Predigt in einem Gottesdienst unter Mitwirkung von ehrenamtlich und hauptamtlich Mitarbeitenden der Gemeinde. Predigttext Jes 55,8–12a
Liebe Gemeinde,
wenn heute jemand zu mir sagen würde: unsere Welt ist von Gott verlassen, dann würde ich zwar protestieren, wüßte aber nicht, wie ich auf die Schnelle gut reagieren könnte. Die unzähligen Erdbebenopfer in Syrien und in der Türkei, die furchtbare Not der Überlebenden, der Krieg in der Ukraine, die Klimaveränderung mit ihren schon jetzt sichtbaren Folgen, die Auswirkungen der Corona-Pandemie in unserer Gesellschaft – ich muss das nicht weiter ausführen.
Die alte Frage, „wie kann Gott das zulassen“ steht einem da vor Augen – ob man will oder nicht. Eine alte Frage, auf die es keine zufriedenstellende direkte Antwort gibt. Es gibt keinen Satz, der die Situation erklären könnte und mit „weil“ antwortet. Also in dem Sinne: Wie kann Gott das zulassen, Antwort: Weil ... Pünktchen, Pünktchen, Pünktchen.... Was soll hinter dem „weil“ stehen - Weil er sich nicht um uns kümmert? Weil ihm das egal ist? Weil wir nicht genug glauben? Nein, Nein und nochmals Nein.
Diese Frage muss woanders hin. Ich denke, wir können sie nur in unsere Gespräche mit Gott, in unsere Gebete, in unsere Auseinandersetzungen mit ihm hineinnehmen. Wir geben ja wegen dieser Frage nicht unseren Glauben auf, sondern wir richten sie an Gott selbst. Wir weisen sie nicht ab, sondern setzen uns mit ihr auseinander.
Lassen Sie uns mit Musik darüber nachdenken.
*** Musik ***
Unser Predigttext blickt auf einen Krieg 600 Jahre vor Christi Geburt zurück. Die Eroberung Jerusalems durch die übergewaltige Nachbarmacht Babylon, die Zerstörung des Tempels, die Tötung und Entführung vieler Menschen aus Jerusalem nach Babylon. Nun, fast 50 Jahre später, geht es darum, nach Jerusalem zurückzukehren. Auch der Verfasser unseres Predigttextes aus dem Buch des Propheten Jesaja, kennt also die Frage „wie kann Gott das zulassen“ nur allzu gut.
Er schreibt: „So lautet der Ausspruch des HERRN: Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege. Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde! So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.
Regen oder Schnee fällt vom Himmel und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen. Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot.
So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht: Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.
Voll Freude werdet ihr aus Babylon fortziehen
und wohlbehalten nach Hause gebracht werden.“
„Meine Pläne sind anders als eure Pläne und meine Wege anders als eure Wege“ –das ist für manche vielleicht ein harter Satz. Es geht nicht so, wie wir das denken und wollen, Gott erfüllt nicht einfach unsere Wünsche. Wer das denkt, wird wahrscheinlich enttäuscht werden.
Unsere Frage jedoch, wie kann Gott das zulassen, stellt sich jetzt nicht mehr. Denn Gott sagt ja: „Wie weit entfernt ist doch der Himmel von der Erde!“, So fern sind meine Wege von euren Wegen und meine Pläne von euren Plänen.“ Gott ist Gott und Mensch ist Mensch, das dürfen wir nicht durcheinanderbringen.
Was bedeutet das für mich?
*** Musik ***
„Regen oder Schnee fällt vom Himmel“ – so geht es in unserem Text weiter - „und kehrt nicht dahin zurück, ohne die Erde zu befeuchten. So lässt er die Pflanzen keimen und wachsen. Er versorgt den Sämann mit Samen und die Menschen mit Brot.
So ist es auch mit dem Wort, das von mir ausgeht: Es kehrt nicht wirkungslos zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.“
Gottes Pläne sind Gottes Pläne, Gottes Wege sind Gottes Wege. Und trotzdem ist er ganz bei uns. Er ist in dem Wort, das von ihm ausgeht. Es kommt zu uns, wie Regen oder Schnee und wirkt unter uns. Es wird uns nicht übergestülpt, sondern es ist da, wie eben Feuchtigkeit da ist und wirkt. Die Pflanzen brauchen die Feuchtigkeit, aber der Sämann muss dann schon selbst säen und der Bäcker das Brot selbst backen. Wir brauchen Gottes Wort wie den Regen, das in und durch uns Früchte bringt.
Was sind das für Worte?
„Gott spricht: Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“ ist so ein Wort. Oder, um ein Wort Jesu zu nehmen: „Glückselig sind die, die Frieden stiften. Denn sie werden Kinder Gottes heißen.“ Oder „Dieses Gebot hat uns Gott gegeben: Wer ihn liebt, soll auch seine Geschwister lieben.“
„Gott spricht: Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein“ ist so ein Wort. Oder, um ein Wort Jesu zu nehmen: „Glückselig sind die, die Frieden stiften. Denn sie werden Kinder Gottes heißen.“ Oder „Dieses Gebot hat uns Gott gegeben: Wer ihn liebt, soll auch seine Geschwister lieben.“
Liebe Gemeinde, heute, in unserem Inselgottesdienst, feiern wir, welche Früchte aus dem Wort Gottes, das wir hören und erleben dürfen, entstanden sind und weiter entstehen.In unseren Gruppen und Kreisen, in den Gottesdiensten, in unserem Gemeindeleben, in Ahlem, in der Welt.
Gott lässt uns nicht im Stich, auch wenn wir das nicht jederzeit erkennen können. Er sagt: Das Wort kehrt nicht wirkungslos, nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will. Was ich ihm aufgetragen habe, gelingt ihm.“
Wir können erfahren: Das Wort wirkt in unserem Leben, es gibt uns Hoffnung und Gemeinschaft.
„Meine Pläne sind anders als eure Pläne“ so fängt unser Text an. Und er endet ganz konkret mit: „Voll Freude werdet ihr aus Babylon fortziehen und wohlbehalten nach Hause gebracht werden.“ So hatte er es verheißen, so ist es geschehen.
Dietrich Bonhoeffer hat es einmal so ausgedrückt: „Nicht alle unsere Wünsche, wohl aber alle seine Verheißungen erfüllt Gott“. In diesem Vertrauen und mit dieser Hoffnung können wir in diese Woche gehen.
Amen.
*** Musik ***
Dr. Johannes Neukirch, Predigt im Gottesdienst in Ahlem am 12. Februar 2022