Predigt am letzten Sonntag nach Epiphanias, 28. Januar 2024

Wed, 31 Jan 2024 21:13:10 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Predigttext: 2. Korinther 4,6-10
 
6 Gott hat einst gesagt:
»Aus der Dunkelheit soll ein Licht aufleuchten!«
Genauso hat er es in unseren Herzen hell werden lassen.
Durch uns sollte das Licht der Erkenntnis aufleuchten:
Die Herrlichkeit Gottes sollte sichtbar werden,
die uns in Jesus Christus begegnet.
7 Wir tragen diesen Schatz aber
in zerbrechlichen Gefäßen.
So soll deutlich werden,
dass unsere übergroße Kraft von Gott kommt
und nicht aus uns selbst.
8 Wir stehen von allen Seiten unter Druck,
aber wir werden nicht erdrückt.
Wir sind ratlos, aber wir verzweifeln nicht.
9 Wir werden verfolgt,
aber wir sind nicht im Stich gelassen.
Wir werden zu Boden geworfen,
aber wir gehen nicht zugrunde.
10 Täglich erleben wir am eigenen Leib
etwas von dem Sterben, das Jesus erlitten hat.
Denn unser Leib soll auch das Leben zeigen,
zu dem Jesus auferstanden ist.
 
Liebe Gemeinde,

meine Lieblingstasse hat einen Sprung bekommen! Ich hab es zuerst gar nicht gesehen. Aber wenn ich mir Tee eingeschenkt habe, wurde es immer rund um die Tasse auf dem Tisch nass. Also habe ich den üblichen Test gemacht: mit dem Fingernagel dagegen geschlagen -  der Ton war nicht klar, es schepperte. Und als ich ein Teelicht hineingestellt habe, konnte ich den Riss deutlich sehen.

So eine Tasse ist nun mal ein irdenes Gefäß, es besteht aus gebrannter Erde, ist zerbrechlich. In unserem Text vergleicht Paulus unser Menschenleben mit irdenen Gefäßen. Und ja, das muss uns niemand sagen, dass wir zerbrechlich sind. Jede und jeder von uns hat ihre / seine eigene Geschichte und Erfahrung mit der Zerbrechlichkeit. Und das betrifft nicht nur unsere Gesundheit. 

Mit der Gesundheit  hatte Paulus auch so seine Last. Er schreibt manchmal von dem Pfahl in seinem Fleisch. Das muss eine sehr unangenehme Krankheit gewesen sein.

Wir kennen auch noch andere Facetten von menschlicher Zerbrechlichkeit: Krieg und Gewalt zum Beispiel zeigen uns, wie schwach und ungeschützt wir in Wirklichkeit sind.  Wer nicht weiß, wie er über die Runden kommen soll, kann daran zerbrechen. Oder wer wer sein Leben nicht mehr im Griff hat.

Paulus denkt und redet aus eigener Erfahrung. An einer späteren Stelle im Korintherbrief berichtet er, dass er verfolgt und geschlagen wurde, bei Tag und bei Nacht auf dem offenen Meer trieb, auf seinen Reisen in großer Gefahr war. Und als würde das nicht reichen, haben ihn seine Gegner angezweifelt und das, was er gepredigt hat, in Frage gestellt.

Was kann ein Mensch alles aushalten und wie heftig müssen manche die Zerbrechlichkeit ihres Lebens schmecken, durchleiden, ertragen. Wie leben wir damit? Was können wir tun, wenn wir spüren, dass wir dem Leben und seiner Vergänglichkeit ausgeliefert sind?

Die Buchläden und Medien sind voll mit Ratgebern.“Think positiv“, denke positiv, heißt es dann zum Beispiel. Mit kleinen Wahrnehmungstricks versuchen sie, Menschen eine neue Perspektive zu geben. „Reframing“ nennen das die Psychotherapeutinnen und therapeuten. Stell deine Situation in einen anderen Rahmen - und schon sieht sie ganz anders aus. Das hilft in vielen Situationen. Aber wirkt das auch für alle, die in einer ernsthaften Krise sind?

„Die Krise in eine Chance verwandeln“ lautet ein weiteres Konzept. Klingt auch gut, hat aber seine deutlichen Grenzen. Welche Chance soll darin liegen, dass Kinder in Kriegen und Hungersnöten ums Leben kommen?

Da drängt sich hin und wieder die Frage auf, ob die Ratgeberinnen und Ratgeber wirklich schon mal in den Abgrund ihrer eigenen Vergänglichkeit geschaut haben ....

Paulus redet anders, wenn auch das, was er sagt, ähnlich klingt: 8 Wir stehen von allen Seiten unter Druck,
aber wir werden nicht erdrückt.
Wir sind ratlos, aber wir verzweifeln nicht.
9 Wir werden verfolgt,
aber wir sind nicht im Stich gelassen.
Wir werden zu Boden geworfen,
aber wir gehen nicht zugrunde.“

Er stellt dem Schweren, der Zerbrechlichkeit, Mut und Hoffnung entgegen. Wenn man so will, macht auch er ein „Reframing“. Er stellt seine Erfahrungen in einen neuen Rahmen. Er deutet sie im Licht seiner Gottesbegegnung in Jesus Christus.

Wir erinnern uns: Auf seinem Weg nach Damaskus hat Jesus ihn auf den Boden geworfen und ihn gerufen: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Diese Gottesbegegnung hat für ihn alles verändert.

Paulus hat die entscheidende Wende in seinem Leben nicht aus sich selbst heraus erfahren, nicht durch Selbstoptimierung geschafft. Sie ist ihm von außen, durch Gott, geschenkt worden. Jesus Christus ist sein Schatz, sonst nichts. Er schreibt: 

„Wir tragen diesen Schatz aber
in zerbrechlichen Gefäßen.
So soll deutlich werden,
dass unsere übergroße Kraft von Gott kommt
und nicht aus uns selbst.“

+

Unsere Zerbrechlichkeit bleibt - mit oder ohne Glauben. Mit Glauben bekommt sie eine Deutung, die uns stärken und Hoffnung schenken kann, die uns resilient macht, wie wir heute gerne sagen, also widerstandsfähig. Paulus schreibt:

„Täglich erleben wir am eigenen Leib
etwas von dem Sterben, das Jesus erlitten hat.
Denn unser Leib soll auch das Leben zeigen,
zu dem Jesus auferstanden ist.“

Mit anderen Worten: Unser  Leben ist trotz aller Sprünge und Risse gerettet, weil Jesus Christus, der Auferstandene, darin leuchtet. Er hat es in unseren Herzen hell werden lassen. Und durch uns soll die Herrlichkeit Gottes sichtbar werden. 

Das ist die Hoffnung von Paulus, das soll auch unsere Hoffnung sein und uns Kraft geben.

Amen

Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 28.1.2024 in der Paul-Gerhardt-Gemeinde Badenstedt
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