Predigttext: Epheser 5,8-14
Liebe Gemeinde,
Licht und Finsternis gleich gut und böse. Das ist doch klar. Der Böse ist schwarz gekleidet, der Gute in hellen Farben. Teufel und Engel. Leben und Tod. Nicht umsonst verehrten schon die ältesten Religionen das Licht, nehmen wir zum Beispiel die alten Ägyter mit ihrem Sonnengott Ra. Und wer denkt nicht an unsere Schöpfungsgeschichte: Die Erde war wüst und leer und Finsternis lag über dem Urmeer. Gott sprach: Es soll Licht werden! Und es wurde Licht. Zuerst muss mal Licht da sein, dann erst kann es weitergehen. Ohne Licht gibt es kein Leben!
Und wir machen da ja munter mit: „Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ sage ich bei Taufen, bevor ich die Taufkerze an der Osterkerze anzünde. Und sage dann in Richtung Täufling: Nimm hin diese brennende Kerze. Christus ist das Licht deines Lebens.
Und in der Evangeliumslesung haben wir es vorhin ja auch gehört: „Ihr seid das Licht der Welt“ sagt Jesus in der Bergpredigt.
Dass Christus Licht und Leben ist, darüber gibt die Bibel reichlich Auskunft. Heute hören wir einen Abschnitt aus dem Epheserbrief, in dem es um die Konsequenzen für uns geht. Der Verfasser schreibt:
8 Früher habt ihr (nämlich) selbst zur Finsternis gehört.
8 Früher habt ihr (nämlich) selbst zur Finsternis gehört.
Aber jetzt seid ihr Licht,
denn ihr gehört zum Herrn.
Führt also euer Leben wie Kinder des Lichts!
9 – Denn das Licht bringt als Ertrag
lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. –
10 Prüft also bei allem, was ihr tut,
ob es dem Herrn gefällt!
11 Und beteiligt euch nicht an Taten,
die der Finsternis entstammen und fruchtlos sind.
Deckt vielmehr solche Taten auf!
12 Denn es ist eine Schande, auch nur von dem zu reden,
was manche im Verborgenen tun.
13 Aber alles, was aufgedeckt ist,
wird dann vom Licht erleuchtet.
14 Und alles, was vom Licht erleuchtet ist,
wird selbst zum Licht.
Deswegen heißt es:
»Wach auf, du Schläfer, und steh auf vom Tod!
»Wach auf, du Schläfer, und steh auf vom Tod!
Dann wird Christus dein Licht sein.«
Eigentlich ist klar, was gemeint ist: durch den Glauben an Christus, an das Licht, sind wir selbst Licht und sollten unser Leben dementsprechend führen - als Kinder des Lichts.
Mit dieser Formulierung „als Kinder des Lichts“ habe ich aber Probleme. Genauer gesagt: Ich habe Probleme damit, die Welt dadurch in Licht und Finsternis, in reines Weiß und Schwarz aufzuteilen. Schon alleine deshalb, weil Sekten in aller Regel so arbeiten: Gehörst du zu uns, bist du ein Kind des Lichts. Stehst du außerhalb, bist du in der Finsternis. Damit erzeugen Sekten einen ungeheuren Druck und Angst und berauben Menschen ihrer Freiheit.
Dieses Schwarz-Weiß-Schema finden wir nicht nur bei Sekten, sondern auf vielen Ebenen. Populisten arbeiten damit. Sie verführen Menschen, indem sie vorgaukeln, dass sie die Welt übersichtlich machen können. Sie bestimmen, was gut und böse ist und missbrauchen die menschliche Sehnsucht nach Orientierung. Wer sich mal aufmerksam eine Wahlkampfveranstaltung von Donald Trump anschaut, weiß, was ich meine. Oft finden wir das auchin unserem Land. Die Welt ist unübersichtlich, die Aufgabe, sich zu komplexen Themen eine Meinung zu bilden, ist nicht einfach. Die Folge sind Vereinfachungen aller Art in Form von Nationalismus, Populismus, Verschwörungserzählungen.
Trotzdem sage ich sehr gerne und voller Überzeugung bei jeder Taufe: „Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“
Denn es geht darum, Christus das Licht sein zu lassen. Ja, es stimmt auch, was in unserem Text steht: „Aber jetzt seid ihr Licht,“ - das stimmt aber nur zusammen mit dem zweiten Teil des Satzes: „denn ihr gehört zum Herrn.“ Das ist das Entscheidende: Christus leuchtet in uns und durch uns. Nur deshalb sind wir Kinder des Lichts, weil und solange wir an ihm hängen. Nicht dadurch, dass wir uns selbst dazu ernennen oder meinen, wir wären etwas Besonderes.
Für den Epheserbrief ist völlig klar: dieses „Kinder des Lichts-Sein“ muss ständig überprüft werden. An seinen Früchten ist das Licht zu erkennen: Wenn aus einem bestimmten Handeln heraus Güte erfahrbar wird, wenn es zu mehr Gerechtigkeit führt und der Wahrheit dient, dann ist es Licht. Und es gibt eine Gegenprobe: Unbarmherziges, ungerechtes und verlogenes Handeln ist eindeutig ein Werk der Finsternis. Und da gilt ganz schlicht, was hier steht: „Und beteiligt euch nicht an Taten, die der Finsternis entstammen und fruchtlos sind. Deckt vielmehr solche Taten auf!“
„Führt also euer Leben wie Kinder des Lichts!“ Wenn ich Berichte und Erzählungen aus unserer Gemeinde höre und Vieles selbst sehe, Besuche, Telefonate, Begleitung zum Arzt, selbstloses Engagement, gegenseitiges Helfen, oft nur einfach ein geduldiges Zuhören, Kuchenbacken für das Café Faire Bohne, Gemeindebriefe austragen und so vieles mehr - dann sehe ich viel Licht ohne dass die Menschen, die so handeln, von sich unbedingt gleich sagen würden, dass sie „Kinder des Lichts“ sind. Das seid ihr aber!
„Strahlen brechen viele aus einem Licht. Unser Licht heißt Christus“!
Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 21.7.2024 in der Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem