Amos 5,21-24
21 Ich hasse, ja ich verabscheue eure Feste,
21 Ich hasse, ja ich verabscheue eure Feste,
und eure Gottesdienste mag ich nicht riechen –
22 auch wenn ihr mir Brandopfer darbringt.
Ich habe keinen Gefallen an euren Speiseopfern.
Und euer Mastvieh,
das ihr zum Abschluss als Opfer darbringt,
soll mir nicht unter die Augen kommen.
23 Lasst mich in Ruhe mit dem Lärm eurer Lieder!
Auch euer Harfenspiel mag ich nicht hören!
24 Vielmehr soll das Recht wie Wasser strömen
und Gerechtigkeit wie ein Bach, der nie versiegt.
Jetzt wird’s eng, liebe Gemeinde. Will uns hier jemand unseren schönen Gottesdienst vermiesen? Gut, wir haben keine Brandopfer. Aber nach dem Gottesdienst gibt es ja etwas zu riechen, wenn wir dann beim Grünkohlessen sind. Und wir werden bald sogar wieder während des Gottesdienstes essen, am Gründonnerstag. Und die Suppe nach dem Erntedankgottesdienst möchte ich auch nicht missen.
Ganz schlimm ist ja der Satz „Lasst mich in Ruhe mit dem Lärm eurer Lieder!“ meine Güte, wer kommt denn auf so was! „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ - so muss das doch heißen, oder: „Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens.“ Stellen Sie sich vor, Sie singen gerade im Chor andächtig beim Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach oder beim Messias von Georg Friedrich Händel mit und jemand sagt: „Auch euer Harfenspiel mag ich nicht hören“!
Wir feiern unsere Gottesdienste, es soll ja jedes Mal ein kleines Fest sein, und ab und zu auch ein großes. O-Ton Amos: „Ich hasse, ja ich verabscheue eure Feste“ ....
Amos ist ein harter Gerichtsprophet. Wer ein wenig in seinem Buch blättert, erschrickt, was er den Völkern alles als Strafe ankündigt.
Was will dieser Unheilsprophet erreichen?
Der Maßstab für seine Kritik sind „Recht und Gerechtigkeit“, wie wir am Schluss unseres Textes sehen, wenn er sagt: „Das Recht soll wie Wasser strömen und Gerechtigkeit wie ein Bach, der nie versiegt.“
Bei Gerechtigkeit denken wir wahrscheinlich zuerst an die Justitia mit der Waagschale. Für Amos ist das mehr - für ihn gehört Gerechtigkeit zu Gott. Wo Gottes Gerechtigkeit wirkt, werden Menschen gerettet und befreit, wird die Welt zu einem guten Lebensort. Gerechtigkeit ist ein himmlischer, von Gott gewollter Zustand. Sie muss in der Welt aber immer wieder hergestellt werden.
Deshalb deckt Amos auf, wo es ungerecht zugeht. Er kritisiert die Reichen und Mächtigen, wenn sie auf Kosten der Armen und Machtlosen leben.
„Hört her, die ihr auf dem Armen herumtrampelt! Die Bedürftigen im Land, die wollt ihr ruinieren!“ (...) „Beim Verkauf geben wir weniger Getreide her und verlangen einen höheren Preis dafür. Beim Abwiegen verwenden wir falsche Gewichte.“ (...) „Auch den Abfall des Getreides verkaufen wir noch!« Für Geld kauft ihr den Hilflosen als Arbeitskraft und den Armen zum Preis von einem Paar Schuhe.“ Auch in unserer Welt lassen sich ähnliche Beispiele finden.
Und er kritisiert den falschen religiösen Kult, so in unserem Text. Würden die Kultteilnehmer an den heiligen Orten wirklich alleine Gott suchen, würden sie auch das “Gute“ suchen. Der Kult an sich - also auch unserer Gottesdienste - sind falsch, wenn das Verhalten im Alltag ihnen nicht entspricht. Wenn also scheinbar fromme Leute nicht nach Recht und Gerechtigkeit suchen und nicht danach handeln. Dann sind Gottesdienste nur dafür da, trotz böser Taten für ein gutes Gewissen zu sorgen. Dann sind sie im wahren Sinne des Wortes SCHEIN-HEILIG.
Viele Jahrhunderte später schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth. Wir haben vorhin ein Kapitel aus einem seiner Briefe als Epistellesung gehört, 1. Korinther 13, der berühmte Text mit Glaube, Hoffnung und Liebe. Der hört sich ganz anders an als die Unheilsprophetie des Amos.
Aber so verschieden die beiden Texte sind, sie treffen sich in entscheidenden Fragen: In welchem Geist treten wir vor Gott? Was wollen wir mit unseren Gebeten, Liedern und Gottesdienstfeiern erreichen? Wie verhalten wir uns im Alltag, nachdem wir Gottesdienst gefeiert haben?
Paulus schreibt: „Stellt euch vor: Ich kann die Sprachen der Menschen sprechen und sogar die Sprachen der Engel. Wenn ich keine Liebe habe, bin ich wie ein dröhnender Gong oder ein schepperndes Becken. Oder stellt euch vor: Ich kann reden wie ein Prophet, kenne alle Geheimnisse und habe jede Erkenntnis. Oder sogar: Ich besitze den stärksten Glauben – sodass ich Berge versetzen kann. Wenn ich keine Liebe habe, bin ich nichts.“
Was für ein Satz: „wenn ich keine Liebe habe, bin ich nichts.“ Noch mal Amos: „Vielmehr soll das Recht wie Wasser strömen und Gerechtigkeit wie ein Bach, der nie versiegt.
Ob zu Zeiten des Amos, zu Zeiten des Paulus oder in der Gegenwart: Wir sind immer in der Gefahr, ein Leben zu führen, das nur sich selbst feiert und sich nur nach uns selbst ausrichtet.
Bei aller beißenden Kritik des Amos - an dem Lied des Paulus hätte er sicherlich nichts auszusetzen gehabt: „Die Liebe ist geduldig. Gütig ist sie, die Liebe. Die Liebe ereifert sich nicht. Sie prahlt nicht und spielt sich nicht auf. Sie ist nicht unverschämt. Sie sucht nicht den eigenen Vorteil.“
Wie herrlich wäre es, wenn alle Menschen ihr ganzes Leben, ihre Gottesdienste und ihren Alltag von dieser Liebe ganz und gar durchdrungen ließen.
Hanns Dieter Hüsch hat das auf den Punkt gebracht mit dem Gedicht „Ich setze auf die Liebe!“
"Ich setze auf die Liebe
Das ist das Thema
Den Haß aus der Welt zu entfernen
Bis wir bereit sind zu lernen
Daß Macht Gewalt Rache und Sieg
Nichts anderes bedeuten als ewiger Krieg
Auf Erden und dann auf den Sternen.
Ich setze auf die Liebe
Das ist das Thema
Den Haß aus der Welt zu vertreiben
Ihn immer neu zu beschreiben
Die einen sagen es läge am Geld
Die anderen sagen es wäre die Welt
Sie läg in den falschen Händen
Jeder weiß besser woran es liegt
Doch es hat noch keiner den Haß besiegt
Ohne ihn selbst zu beenden
Er kann mir sagen was er will
Und kann mir singen wie er´s meint
Und mir erklären was er muß
Und mir begründen wie er´s braucht
Ich setze auf die Liebe!
Schluß!
Gott schütze Euch
Gott schütze und befreie uns.“
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 11.2.24 in Hannover-Ahlem
Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 11.2.24 in Hannover-Ahlem