Predigt aus dem Vorstellungsgottesdienst der Konfirmandinnen und Konfirmanden am 15.5.2022

Sun, 15 May 2022 19:05:31 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Dr. Johannes Neukirch, Vorstellungsgottesdienst der Konfirmandinnen und Konfirmanden am 15.5.2022 in Ahlem  
 
Liebe Gemeinde,

Dienstag Nachmittag, 17 Uhr, Martin-Luther-Kirchengemeinde in Ahlem mitten in der Corona-Pandemie - Konferstunde. Unsere lieben Konfirmandinnen und Konfirmanden haben einen langen Schultag hinter sich und sind etwas müde. Und der Pastor fragt sich, was interessiert diese jungen Menschen? Ich spreche sie ganz direkt an, was sie denn gerne im Unterricht machen möchten. „Andere Religionen kennen lernen“ sagt eine. Gut, das lässt sich machen. Was noch? Stille.

Aber ich hatte mich ein wenig vorbereitet und eine Reihe von möglichen Themen und Projekten entworfen, die ich selbstverständlich alle ganz wichtig und toll fand. Ich habe sie alle auf ein großes Blatt geschrieben und vorgestellt. Darunter war auch das Projekt „Gebetsecke neu gestalten“. Das hatte ich mal so dazugeschrieben, weil ich fand, dass das mal nötig ist. Aber ich hatte diesem Projekt innerlich wenig Chancen gegeben. 

Dann durften die Konfis abstimmen und insgesamt drei Kreuzchen hinter die Themen und Projekte setzen, zu denen sie Lust hatten. Die „anderen Religionen“ bekamen ein Kreuzchen, die Themen „Gott“, „Jesus“, „Tod und Leben“ bekamen gar keins. Na gut, damit muss man rechnen. Für „Brot für die Welt“ eine eigene Aktion zu starten, immerhin eines. Adventsaktion für die Gemeinde zwei. Mitwirken bei Gottesdiensten keins. „Bibel besser kennen lernen“ eins. Eine Fotoausstellung in der Kirche mit Gesichtern und Geschichten aus Ahlem oder aus unserer GEmeinde – null. Ich kürze ab: Eindeutiger Gewinner war die Gebetsecke!

Schön, alles in allem war ich etwas überrascht, aber zufrieden.

„Eines Christen Handwerk ist beten!“ hat Martin Luther mal gesagt. Es war also entschieden:  Wir beschäftigen uns also mit dem lebenswichtigen Handwerk „Beten“ und gestalten unsere Gebetsecke neu, prima. 

Ich fragte dann: „Betet ihr denn überhaupt?“ Ja, allgemeines Kopfnicken und einige erzählten  von den Gebeten, die sie auf dem Herzen haben.

In einer der folgenden Stunden haben wir dann mal Gebets-Sätze gesammelt, Sie sehen diese auf den gelben Zetteln an der Wand, einige Beispiele:
„Danke Gott, dass ich gesund bin!“
„Bitte, lass den Krieg in der Ukraine zu Ende gehen“
„Ich danke dir dafür, dass wir genug zu Essen haben“
„Lieber Gott, bitte mach, dass die Pandemie zu Ende geht“
„Danke, dass es meiner Familie gut geht“
„Bitte mach, dass meine Wünsche in Erfüllung gehen“
„Lieber Gott, bitte beschütze mich auf dem Fußballplatz, dass ich mich nicht verletze“
„Danke, dass ich ein Dach über dem Kopf habe“
„Danke, dass ich in der letzten Arbeit eine gute Note geschrieben habe“
„Bitte lass mich für den Rest meines Lebens Glück haben“
„Lieber Gott, bitte sorge für Gerechtigkeit und Frieden auf der ganzen Welt“

Eines Christen Handwerk ist beten. 

Wir haben im Unterricht über die Arten des Betens gesprochen und haben Ihnen und euch Plakate gemacht – (Altar, Kanzel, Lesepult.) die Grundpfeiler des Betens sind: Danken, Bitten und Klagen. 

Dass wir Gott danken sollen, versteht sich. Das Erntedankfest, das wir jedes Jahr am Anfang Oktober feiern, zeigt das – und unsere Konfis haben ja letztes Jahr mitgemacht. Dass wir Gott um etwas bitten, liegt auch nahe. Deshalb ist es kein Wunder, dass es in den Gebetssätze unserer Konfis vor allem Danksagungen und Bitten geht. 

Ich habe zwar immer wieder mal davon gesprochen, dass Christinnen und Christen sich auch bei Gott beklagen können, aber das war nicht so angesagt. Ich vermute mal, dass unsere Konfis einfach keinen Grund zur Klage haben, was ja schön wäre. Aber egal ob jung oder alt, Grund zur Klage kann es schnell mal geben. 

In der hebräischen Bibel, also im Alten Testament, gibt es ja, wie wir wissen, die Gebetssammlung der Psalmen. Wir haben vorhin zusammen einen Psalm gesprochen und den bekannten Psalm 23 als Lesung gehört.

Unter den Psalmen gibt es auch so genannte Klagepsalmen, in denen Menschen ihr Herz vor Gott ausschütten und ihn ganz offen fragen: Warum werden die Bösen nicht bestraft? Warum bin ich arm? Warum erfüllst du nicht meine Wünsche? Warum lässt du, Gott zu, dass Krieg ist und Menschen Gewalt erleiden müssen? 

Das hört sich dann so an: „Warum bleibst du in der Ferne, HERR? Warum verschließt du deine Augen in Zeiten der Not?“ betet da einer, oder: „Der Frevler brüstet sich mit seiner Habgier. Er segnet seinen unrechtmäßigen Gewinn und verhöhnt auch noch den HERRN.“ Und als Jesus am Kreuz hing, rief er laut mit den Worten eines Psalms: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“

Ich finde es sehr wichtig, dass wir Gott gegenüber nicht nur danken und bitten, sondern ihm auch sagen dürfen, was uns bedrückt, was wir ungerecht finden, worunter wir leiden. Wir können ihm gegenüber ehrlich sein und müssen uns nicht zurückhalten. Oft ist es so, dass wir damit auch einfach etwas im wörtlichen LOS-WERDEN. 

Danken, Bitten, Klagen. Alles, was in unserem Leben vorkommt, dürfen und sollen wir vor Gott bringen. Entscheidend ist dabei, dass wir mit ihm im Gespräch bleiben, dass wir mit ihm reden! Denn darin liegt eine ganz große Chance: Wir öffnen uns für Gott und können mit ihm Erfahrungen machen. Wir reden uns von der Seele, was uns beschäftigt und wir lassen uns von Gott etwas sagen. Unsere Bitten und Sehnsüchte legen wir in seine Hand. Wir wissen nicht, was dabei konkret herauskommt. Aber wir können dadurch Vertrauen zu ihm gewinnen und Erfahrungen machen, die über das hinausgehen, was unsere Sinne und unser Verstand begreifen können. 

Es ist leicht, Gott und den Glauben und das Beten abzutun. Das machen oft Menschen, die gar nicht erst versuchen, eine Beziehung zu ihm und seinem Sohn Jesus Christus aufzubauen. So eine Beziehung ist aber ein ganz großer Schatz! Bei Licht betrachtet ist unser Leben so zerbrechlich.  Wenn wir eine Beziehung zu Gott und seinem Sohn Jesus Christus haben, gibt uns das einen Halt im Leben, einen schützenden Rahmen um unser Leben. Und Beten baut diese Beziehung auf. Betet ohne Unterlass heißt es in der Bibel.

Die jüdische Schriftstellerin Nelly Sachs hat in einem Gedicht einen wunderbaren Satz geschrieben: 

»Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.« 

»Gott ist nur ein Gebet weit von uns entfernt.« Wenn wir ihm näher kommen wollen, dann sollten wir anfangen zu beten. Amen.
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