1. Johannes 2,12-14
Vorbemerkung: „Kinder“ meint die Anrede an die Mitglieder der Gemeinde, für die der Brief bestimmt ist. Mit der Taufe sind sie zu Kindern Gottes geworden.
12 Das schreibe ich euch, ihr Kinder: Eure Schuld ist euch vergeben durch Jesus Christus, in dessen Namen ihr getauft seid.
13 Das schreibe ich euch, ihr Alten: Ihr habt den erkannt, der von Anfang an gegeben war.
Das schreibe ich euch, ihr Jungen: Ihr habt den Bösen besiegt.
14 Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Kinder: Ihr habt den Vater erkannt. Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Alten: Ihr habt den erkannt, der von Anfang an gegeben war. Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Jungen: Ihr seid stark. Das Wort Gottes wirkt in euch. Ihr habt den Bösen besiegt.
13 Das schreibe ich euch, ihr Alten: Ihr habt den erkannt, der von Anfang an gegeben war.
Das schreibe ich euch, ihr Jungen: Ihr habt den Bösen besiegt.
14 Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Kinder: Ihr habt den Vater erkannt. Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Alten: Ihr habt den erkannt, der von Anfang an gegeben war. Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Jungen: Ihr seid stark. Das Wort Gottes wirkt in euch. Ihr habt den Bösen besiegt.
Liebe Gemeinde!
Nie werde ich das Bild von Rembrandt von der Wiederkehr des verlorenen Sohnes vergessen. Im Vordergrund kniet der Sohn, schmutzig, fertig mit der Welt, mit zerrissener Kleidung, den Kopf in den Schoß des alten Vaters geschmiegt. Man ahnt noch, wie er einmal seinen Vater verlassen hat – voller Übermut und kostbar ausgestattet. Aber das ist alles vorbei.
Und über den Sohn gebeugt steht der Vater, in einen edlen Mantel gehüllt und trotzdem den heruntergekommenen Sohn umarmend, lächelnd, mit geschlossenen Augen.
Im Hintergrund sieht man zwei Männer - vielleicht der ältere Bruder und ein Knecht? Sie schweigen, tief ergriffen von diesem Moment.
Im Hintergrund sieht man zwei Männer - vielleicht der ältere Bruder und ein Knecht? Sie schweigen, tief ergriffen von diesem Moment.
Es ist wohl der innigste Moment, den Menschen miteinander erleben können: der Moment der Vergebung, des Friedens und der Versöhnung. „Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße!“ sagt der Sohn. So erzählt Lukas im 15. Kapitel seines Evangeliums die Geschichte. Aber der Vater antwortet darauf gar nicht direkt. Er sagt zu seinen Knechten: „Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und steckt ihm einen Ring an den Finger und zieht ihm Schuhe an und bringt das Kalb her, das wir gemästet haben und schlachtet´s, lasst uns essen und fröhlich sein, denn dieser, mein Sohn, war verloren und ist wiedergefunden worden… er war tot und ist wieder lebendig geworden!“
Vergebung. Darum geht es in den Texten der Bibel, die wir heute lesen und bedenken. Vergebt einander. Das ist Gottes Wille für uns. Auf die Frage, wie oft wir vergeben sollen, sagt Jesus: 7 mal 70 mal – also unendlich viel mal! So haben wir es in der Evangeliumslesung gehört.
Hat Jesus sich das richtig überlegt? Traut er uns das wirklich zu – einander 7 mal 70 mal zu vergeben? Halten wir jedenfalls fest: Jesus lässt uns keine andere Wahl! Bei ihm gibt es keine roten Linien, hinter denen dann doch das Ende der Geduld erlaubt wäre.
Damit ist ganz klar: das, was im Moment auf unserer Welt geschieht, ist vollkommen gegen Gottes Willen. Ist schwere Sünde – Völkerrecht hin oder her. Die Schuld, die viele auf sich laden, kann das Leben von Opfern und Tätern noch für Generationen schädigen, ja vergiften. Traumata wirken lange nach. Das weiß man inzwischen.
Das bedeutet aber auch für uns, dass wir in unserem ganz persönlichen Leben immer wieder herausgefordert sind, Beziehungen nicht einfach im Zorn abzubrechen oder vielleicht sogar mit einem anderen abzurechnen, wie wir das im Fernsehen genug vorgeführt bekommen. Daran können wir scheitern, auch wenn wir uns mit aller Kraft an das Gebot von Jesus halten wollen. Denn Streit kann unvermeidlich sein, auch, wenn man sich noch solche Mühe gibt, Frieden zu bewahren. „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt!“ sagt das Sprichwort zurecht. Wer alles immer nur runterschluckt, platzt eines Tages.
Was machen wir damit?
Als in Südafrika mehrere Gerichte die vielen schrecklichen Verbrechen aus der Zeit der Apartheid nicht klären konnten, hat man schließlich die sogenannte Wahrheitskommission eingeführt, der der legendäre Bischof Desmond Tutu vorsaß.
Die Einführung dieser Wahrheitskommission war ein entscheidender Schritt. Denn es ging dabei nicht mehr um Gerechtigkeit und Bestrafung für Schuld. Davor hatten alle Täter natürlich so viel Angst, dass sie nichts zugeben wollten. Nein, in der Wahrheitskommission ging es darum, die Wahrheit überhaupt erstmal anzuerkennen und in der Anwesenheit der Opfer auszusprechen und damit eine Basis zu legen, auf der Versöhnung möglich werden konnte.
Eine Psychologin, die zu dieser Wahrheitskommission gehörte, begründete diesen Schritt: „Gerichte ermutigen Menschen, ihre Schuld zu bestreiten. Die Wahrheitskommission lädt sie ein, die Wahrheit zu sagen. Vor Gericht werden Schuldige bestraft, in der Wahrheitskommission werden Reuige belohnt.“ Es ist wie bei der Heimkehr des verlorenen Sohnes. Der Sohn hat erkannt, was er getan hat. In den Armen des Vaters kann er es aussprechen und es bereuen. Und erleben, dass er im selben Moment befreit und angenommen ist.
Sind wir ehrlich vor uns selbst und vor Gott und geben wir zu, dass wir auch unsere Fehler haben, dass uns manches belastet, was wir hätten anders und besser machen können in der Familie, mit Freundinnen und Freunden, Kolleginnen und Kollegen und Nachbarn, dass wir - um es mit Luther zu sagen – allzumal Sünder sind. Vertrauen wir Gott das alles an. Wir sind dabei bereits in den Armen des Vaters.
In unserem Predigttext lesen wir: „Das schreibe ich euch, ihr Kinder: Eure Schuld ist euch vergeben durch Jesus Christus, in dessen Namen ihr getauft seid."
Klingen diese Worte unseres Predigttextes nicht süß und befreiend?
Das, was Jesus von uns fordert, ich erinnere an das 7 mal 70 mal, das schenkt er uns zuvor selbst. Vergebung ohne Grenzen. Dafür lässt er sich sogar ans Kreuz nageln. Je tiefer wir das in uns wirken lassen, desto mehr verwandelt es uns, weitet es uns, stärkt es uns, so zu werden, wie wohl die Menschen in den ersten christlichen Gemeinden waren.
„Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Alten: Ihr habt den erkannt, der von Anfang an gegeben war. Ich habe es euch schon geschrieben, ihr Jungen: Ihr seid stark.
Das Wort Gottes wirkt in euch. Ihr habt den Bösen besiegt.“
So singen wir nun: Erneure mich, o ewig´s Licht.
Amen