Predigt am 10. März 2024

Sat, 16 Mar 2024 19:52:13 +0000 von Martin-Luther-Kirchengemeinde Ahlem

Lukas 22,54-62

Liebe Gemeinde,

das war eigentlich eine tolle Woche für unsere Kirchengemeinde, dachte ich, als ich in einem ruhigen Moment die letzten Tage an mir vorüberziehen ließ. Letzten Sonntag hatten wir den Gospelchor ChoroFun zu Gast. Wir haben in unserer gut gefüllten Kirche über die roten Fäden nachgedacht, die unsere Leben durchziehen. Und haben „Gottes roten Faden“ wiederentdeckt. 

Am Dienstag Besuch bei einer jungen Familie aus unserer Gemeinde. Sie wollen ihr kleines Kind taufen lassen - wunderbar!

Mittwoch morgen. Ich schließe die Kirche auf. Da kommen sie schon - ein gutes Dutzend Schülerinnen und Schüler mit ihrer Lehrerin, 3. Klasse Grundschule, Fach Religion. Besichtigung der Kirche, wirklich interessierte Kinder. Wie immer bei solchen Gelegenheiten bleiben wir eine ganze Weile vor unserem Mosaik stehen: vor den Werken der Barmherzigkeit.

Donnerstag Nachmittag, Treffen im Café Faire Bohne. Gedankenaustausch, Plauderei, Gemeinschaft.

Abends dann Elternabend zur Vorbereitung der Konfirmation. Wie schön, dass junge Menschen „Ja“ sagen zu einem christlichen Leben und dass sie jetzt fast schon ein Jahr lang zum Konfirmandenunterricht gegangen sind!

Unser Kindergottesdienst! Wir haben die Kinder ja eben erlebt, was für eine Freude!

Und wir sind  hier versammelt, der Posaunenchor ist dabei, Sönke sitzt an der Orgel, Christoph hat aus der Bibel gelesen, wir beten, singen, hören das Wort Gottes.

Selbstverständlich ist das alles nicht!

Irgendwas muss an dem christlichen Glauben dran sein, irgendwie scheint der Heilige Geist zu wirken. Er bewegt Menschen. Sie folgen Jesus Christus nach. Wie auch immer das geschieht, Jesus Christus ist unter uns, es geht weiter. Bei allen Problemen und Sorgen, die wir auch haben und die niemand kleinreden will.

Die Grundlage für das alles sind biblische Geschichten. Die spannende Frage ist, was sind das für Geschichten!? Heldengeschichten? Geschichten, die uns belehren?

Wir hören nun eine Geschichte eines prominenten Mannes der ersten Stunde, eine Geschichte von Simon Petrus. Er war einer der ersten, die Jesus aufgefordert hat, mit ihm zu gehen. Prominent bis heute, da die Päpste der katholischen Kirche sich als direkte Nachfolger des Simon Petrus verstehen. 

Die Lage um Jesus hatte sich zugespitzt. Er stand kurz vor seiner Verhaftung. Da sagte Petrus zu ihm: 

„»Herr! Ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis zu gehen – ja, sogar mit dir zu sterben!« / 34 Aber Jesus erwiderte: »Das sage ich dir, Petrus: / Noch bevor heute der Hahn kräht, / wirst du dreimal abstreiten, dass du mich kennst.«“ 

Ein wenig später lesen wir: „Die Männer nahmen Jesus fest, führten ihn ab / und brachten ihn in das Haus des Hohepriesters. / Petrus folgte in einiger Entfernung. / In der Mitte des Hofes brannte ein Feuer, / um das sich einige Leute versammelt hatten. / Petrus setzte sich mitten unter sie. 

Ein Dienstmädchen sah Petrus dort / im Schein des Feuers sitzen. / Sie musterte ihn aufmerksam und sagte: / »Der da war auch mit ihm zusammen!« / Petrus stritt das ab und sagte: / »Ich kenne ihn gar nicht, Frau!« / Kurz darauf sah ihn jemand anderes und sagte: / »Du gehörst auch zu denen!« / Aber Petrus erwiderte: / »Mensch, ich doch nicht!« / Etwa eine Stunde später behauptete ein anderer: / »Ganz bestimmt gehört er zu denen! / Er kommt doch auch aus Galiläa.« /  Aber Petrus stritt es wieder ab: / »Mensch, ich weiß überhaupt nicht, wovon du sprichst.« 

Im selben Moment, während er noch redete, / krähte ein Hahn. /  Der Herr drehte sich um und blickte Petrus an. / Da erinnerte sich Petrus an das, / was der Herr zu ihm gesagt hatte: / »Noch bevor heute der Hahn kräht, / wirst du dreimal abstreiten, mich zu kennen.« /  Und Petrus lief hinaus und weinte heftig.“

Wie erschütternd ist das! Und wie menschlich. So tief überzeugt war Petrus von der Kraft seiner Treue - und in einer Sekunde war die Angst viel gößer. Wer von uns kann behaupten, ihm oder ihr wäre das nicht passiert??

Und das ist das Letzte, was wir überhaupt von den Jüngerinnen und Jüngern, von den Freundinnen und Freunden Jesu hören, bevor er ans Kreuz gehängt wird. Immerhin hat Petrus ihn noch begleitet, nachdem er verhaftet worden war, wenn auch in einiger Entfernung. Die anderen, die ihn über die Jahre begleitet hatten, waren schon längst weg. Kurz zuvor, als Jesus verzweifelt war und sie anflehte zu beten, waren sie eingeschlafen. Kurzum: Ein weinender Petrus bleibt übrig

Das soll nun eine der Geschichten sein, die uns im Glauben stärken? Eine der Geschichten, die unsere Gemeinde aufbauen und lebendig machen, vom Kindergottesdienst über den Konfirmandenunterricht bis in die Gruppen und Kreise und im Gottesdienst?

Ja, gerade diese Geschichte. Es ist keine Heldengeschichte. Es ist eine Geschichte der Umkehr und Reue. Jesus musste gar nichts sagen. Er hat den Petrus nur angesehen. „Der Herr drehte sich um und blickte Petrus an. / Da erinnerte sich Petrus an das, / was der Herr zu ihm gesagt hatte: / »Noch bevor heute der Hahn kräht, / wirst du dreimal abstreiten, mich zu kennen.« / Und Petrus lief hinaus und weinte heftig.“

Jesus kennt seinen Petrus. Er kennt ihn besser als der sich selber kennt. Jesus weiß: So lange Petrus auf seine eigene Kraft vertraut, wird er scheitern. Petrus braucht Gottes Kraft, um ein treuer Jünger Jesu zu sein. Genau das hat er in diesem Augenblick begriffen. 

Wie ging es mit Petrus weiter? Er war keineswegs abgehängt, ganz im Gegenteil. Er war einer der ersten, denen der auferstandene Jesus Christus begegnet ist. „Der Herr ist wahrhaftig auferstanden und dem Simon erschienen“ - das war die Botschaft im Kreis der Jünger. 

Dann hat er eine sehr wichtige Predigt während des Pfingstwunders gehalten. Als  der Heilige Geist über die versammelten Menschen so packend wie Feuerflammen kommt. Petrus hat das gedeutet und gesagt, wie es weitergehen soll: „Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen.“ Daraus entstand die erste Gemeinde, die Jerusalemer Urgemeinde.

Und schließlich: Der Mann, der Jesus drei mal verleugnet hat, bekennt seinen Glauben, als er sich vor den Jerusalemer Behörden verantworten muss. Er sagt einen Satz, der die Christenheit bis heute vorwärts treibt:

„Wir können's ja nicht lassen, von dem zu reden, was wir gesehen und gehört haben.“

Wie gesagt, die Verleugnung des Petrus ist keine Heldengeschichte. Deshalb um so wichtiger für uns, die wir in der Regel auch keine Heldinnen und Helden sind. Vielleicht Held*innen des Alltags .... Entscheidend ist, dass Jesus Petrus nicht aufgibt, trotz seines Versagens. Und gerade deshalb blüht unserer Gemeinde, gibt es die Kirche auch nach 2000 Jahren noch, können wir mit Hoffnung in die Zukunft schauen - denn er wird uns nicht verlassen.

Liebe Gemeinde, ich habe noch einen wichtigen Akteur vergessen: den Hahn! Der Hahnenschrei bringt Petrus zur Besinnung! Der Hahnenschrei weckt auf, warnt, mahnt. Gleichzeitig  verkündet er auch das Licht und den Ostermorgen. Denken Sie daran, wenn Sie mal einen Kirchturm mit einem Hahn obendrauf sehen.

Amen

 

Dr. Johannes Neukirch, Predigt am 10.3.2024 in Hannover-Ahlem
Bestätigen

Bist du sicher?